Deutscher Computerspielpreis - Kommentar
30. April 2010Am gestrigen Abend wurde im Berliner Kongresszentrum zum zweiten Mal der deutsche Computerspielpreis verliehen. In insgesamt neun von zehn Kategorien wurden Spiele (hierunter fallen nicht nur PC-Spiele, auch Konsolen-,Handy- und Onlinegames),die von Publishern und/oder Entwicklern eingereicht werden konnten, ausgezeichnet. Die zehnte Kategorie trägt den Namen 'Bestes Deutsches Spiel' und für diese können natürlich keine Vorschläge eingereicht werden. Der Gewinner in dieser Kategorie wird aus den Preisträgern einiger ausgewählter Kategorien ermittelt. Des Weiteren gibt es mit 'Bestes internationales Spiel' eine zusätzliche Kategorie. Die Nominierungen und Preisträger-Empfehlungen werden von spezifischen, jeweils vierköpfigen Fachjurys vergeben. Die Hauptjury unter Vorsitz von Wolf-Dieter Ring, seines Zeichens Präsident der 'Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien' und Vorsitzender der 'Kommission für Jugendmedienschutz', entscheidet jedoch letzten Endes über die Preisträger. An dieser Jury muss also jedes Spiel vorbei. Der Preis für die prämierten Spiele beläuft sich insgesamt auf 500.000 Euro. Initiator und Träger dieser Veranstaltung sind die Branchenverbände BIU e.V., BVDW e.V. und G.A.M.E. e.V. gemeinsam mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann.
Dieses Jahr hat Anno 1404 beim deutschen Computerspielpreis erwartungsgemäß sehr gut abgeschnitten. In der Kategorie 'Bestes Deutsches Spiel' konnte Anno 1404 die Jurys überzeugen. Und das sicherlich zu Recht. Entwickler und Publisher können sich über das Preisgeld von 100.000 Euro freuen. Herzlichen Glückwunsch!
Mehr oder weniger überraschend wurde Anno 1404 jedoch auch in der Kategorie 'Bestes internationales Spiel' ausgezeichnet. In dieser Disziplin hat sich Anno 1404 gegen andere Genregrößen wie 'Uncharted 2' und 'Dragon Age: Origins' durchgesetzt. Die Konkurrenz, die ebenfalls nominiert war, scheiterte jedoch an der Hauptjury. Aus diesem Grund wurde Anno 1404, das für die Kategorie 'Bestes internationales Spiel' eigentlich gar nicht vorgesehen war, da es bekanntlich ja in Deutschland entwickelt wurde, nachnominiert. Zweifelsohne ist Anno 1404 ein großartiges Spiel und auch international unter dem Titel 'Dawn of Discovery' für ein Medienprodukt aus deutschen Landen sehr erfolgreich, doch angesichts der Nachnominierung muss man Ursachenforschung betreiben. Nicht warum Anno 1404 ausgezeichnet wurde, sondern weshalb die anderen Nominierten in der Kategorie schlicht übergangen und die Urteile der Fachjury einfach nicht beachtet wurden.
Ganz offensichtlich sind die nominierten Spiele in der Kategorie 'Bestes internationales Spiel' nicht unter fairen Bedingungen ausgeschieden. Wenn man sich einmal vor Augen führt, dass die Hauptjury des deutschen Computerspielpreises unter anderem mit verschiedenen Vertretern aus der Politik besetzt ist, so muss sich der aufmerksame Zuschauer und Leser wahrscheinlich nicht lange wundern. Wie man es aus der Vergangenheit (z.B. erster deutscher Computerspielpreis und Crysis oder andere Vorfälle, bei denen Politiker beispielsweise Ego-Shooter diffamieren usw.) gewohnt ist, wird mitunter auch auf einen sehr geringen Gewaltrgrad in Videospielen sehr heftig reagiert. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass es 'Dragon Age: Origins' und 'Uncharted 2' nicht an der Hauptjury vorbei geschafft haben, denn in beiden Spielen werden Gewalthandlungen abgebildet, wobei diese in 'Uncharted 2' wirklich sehr in den Hintergrund treten, in erster Linie ist es ja ein Adventure. Nachdem diese beiden Spiele den Preisträger, nach Meinung der Hauptjury jedenfalls, nicht mehr stellen konnten, musste schnell ein Ersatz hier. Und dieser war in Gestalt unseres lieben Anno 1404 auch bald gefunden. So kam die Nachnominierung in der Kategorie 'Bestes internationales Spiel' zustande.
Egal wie man die Fakten darlegt, unterm Strich erhält man ein sehr zwiespältiges Bild vom diesjährigen 'Deutschen Computerspielpreis'. Entweder man bekennt Farbe und es werden in Zukunft Spiele für Erwachsene aufgrund ihres Gewaltgrades gänzlich ausgespart oder alle Spiele in allen Kategorien werden nach fairen Kriterien ausgewählt und prämiert und müssen nicht hinter Interessen der Politik und anderen Verbänden zurücktreten.
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